Klimaneutraler Kontrabass-Transport

Wer wie ich als Kontrabassist im Speckgürtel einer Großstadt oder gar im sog. „ländlichen Raum“ lebt, kennt die Herausforderung: ohne eigenen PKW ist es schwierig, zur Probe oder zum Auftritt zu kommen. Busse fahren zu den erforderlichen Uhrzeiten nicht mehr, und die nächste Carsharing-Station ist noch weiter weg als der eigentliche Zielort. Nun habe ich zwar einen eigenen PKW in der Garage stehen, aber der bringt oftmals das nächste Problem mit sich: wo parke ich den? Sowohl am örtlichen Bahnhof (von wo ich ggf die Fahrt mit der Bahn fortsetze) als auch in der Frankfurter Innenstadt sind freie Parkplätze Glücksache. Deswegen nutze ich – wann immer es geht – das Fahrrad, um zum Bahnhof zu kommen oder um mich in Frankfurt von A nach B zu bewegen. Sofern ich eben keinen Bass dabei haben muss … 

Um auch mit dem Kontrabass noch mobiler zu werden, habe ich viel darüber nachgedacht, wie sich Kontrabass und Fahrrad miteinander kombinieren lassen. Schnell stellte sich heraus: ein Lastenrad ist für Kontrabass eher ungeeignet. Die Ladeflächen sind nicht lang genug, und in aufrechter Position versperrt der Kontrabass die Sicht oder hindert beim Lenken. Obendrein sind Lastenräder auch nicht gerade günstig in der Anschaffung.

Neben dezidierten Lastenrädern bieten aber Fahrrad-Anhänger gerade für sperrige Güter viele Möglichkeiten. So gibt es bereits eine Vielzahl von Spezial-Trailern für Sportgeräte wie z.B. Surfbretter und Kajak-Boote. Sogar Camping-Wohnwagen [sic!] gibt es bereits als Fahrradanhänger. Also habe ich mir angesehen, wie andere Radfahrer diese Tranportaufgaben gelöst haben und daraus die Idee eines Trailers zum Kontrabasstransport entwickelt.

Zunächst habe ich untersucht, wie man denn einen Bass in Basstasche auf einen Trailer schnallen könnte, und wie sich das polstern lässt. Aber das, was ich da mit Maßband, Stift, Papier und Photoshop konzipiert und visualisiert hatte, war mir dann eigentlich doch zu groß und sperrig. Die Idee ruhte zwei Jahre, bis ich diesen Sommer nochmal neu daran ging. Ein Glasfiber-Flightcase mit direkt angeschraubten Laufrädern, also das Case selbst als Chassis – wäre das nicht eine Lösung? Was die Strapazen einer Flugreise wegstecken kann, ist sicher auch für deutsche Radwege geeignet. Aber leider sind Flightcases aus Glasfiber oder gar Carbon auch nicht gerade billig.

In meinem Prototyp sind nun mehrere Lösungsansätze eingeflossen. Das Chassis ist nun doch nicht selbsttragend (wie es bei einem Glasfiber-Flightcase der Fall wäre), sondern besteht aus Aluminium-Querträger und mehrteiliger Deichsel, die zusammengesteckt werden. Darauf habe ich ein leichtes Styropor-Etui verschraubt. Tatsächlich ist das die erste und sinnvollste Verwendung dieses Etui-Typs, die ich bislang finden konnte – denn für Flugreisen ist Styropor einfach nicht stabil genug, und für alle Anforderungen unterhalb einer Flugreise sind Taschen meistens doch zweckmäßiger.
Als Trailer-Aufbau kann das Styropor-Case nun aber erstmals seine Vorzüge ausspielen: ist ist leicht, ausreichend stabil (da es ja auf einem Chassis montiert ist), und schützt das Instrument besser als ein Softcover. Vor allem lässt sich der Bass einfach und komfortabel hineinlegen oder herausnehmen, und muss nicht aufwendig verzurrt werden. Insgesamt kommt der Trailer nun mit Fahrgestell und Case auf das angenehme Leergewicht von rund 15 kg.

Diese Woche war es dann soweit: Der erste Praxistest stand an. Der Trailer fährt sich auch ohne elektrische Unterstützung sehr leicht. Klar – beim Anfahren bremst der Trailer etwas, aber wenn man erst einmal Fahrt aufgenommen hat, vergisst man fast, was man da eigentlich hinter sich her zieht – was nicht ungefährlich ist, wenn die Strecke mal etwas enger wird. Die Deichsel wird mit einer Kupplung an der Hinterradachse verbunden. Gegenüber einer Montage am Sattelrohr des Fahrrads hat das den Vorteil, dass der (nun waagrechte) Trailer beim Bremsen nicht so „schiebt“. Und der niedrigere Schwerpunkt sorgt auch dafür, dass der Trailer in Kurven nicht kippt.

Meine erste größere Transportfahrt führte mich zum Bahnhof der benachbarten Kreisstadt. Dort habe ich mein Fahrrad abgeschlossen, und nahm mitsamt Trailer die Regionalbahn nach Frankfurt. Der vordere Teil der Deichsel, der über das Case hinausragt, lässt sich abnehmen, so dass die Ausmaße des Trailers die des Case kaum übersteigen. Mit den großen luftbereiften Laufrädern (die sich übrigens bei Bedarf einfach ausklinken und von der Achse abziehen lassen) stellen auch die zahlreichen Treppen in unserem nicht barrierefreien Bahnhof kein unüberwindliches Hindernis dar. In Frankfurt angekommen habe ich (in Ermangelung eines Fahrrads) den Trailer auf dem letzten Teilstück bis zum Ziel zu Fuß gezogen – auch das war sehr bequem.

Natürlich nimmt so ein Trailer nicht nur auf der Straße, sondern auch zu Hause etwas Platz in Anspruch, aber in der Hinsicht sind wir Kontrabassisten ja Kummer gewohnt. Und wer weitab zentraler Wohnlagen lebt hat ja dafür mitunter etwas mehr Platz als in einer 2-Zimmer-Wohnung. Zudem lässt sich der Trailer (oder Teile davon) ja auch für andere Fahrten einsetzen. Das Case ist mit vier Schrauben mit dem Chassis verschraubt – sie lassen sich lösen, wenn man den Trailer einmal für etwas anderes verwenden möchte, beispielsweise den Lebensmitteleinkauf.

Wer sich für die Anschaffung eines solchen Trailers interessiert, kann mich gerne kontaktieren.

17 opinions on “Klimaneutraler Kontrabass-Transport”

  1. Ich würde den Hänger nicht so oft mit dem Fahrrad benutzen wollen, sondern zum Ziehen oder Schieben in der Stadt und in Öffis. Dafür ist die liegende Form tendenzmäßig ja ungünstiger als der Transport auf der Seite. Wie ist den die Breite? Kommt man damit in S-Bahnen und Vorortzüge hinein?

    1. In unsere S-Bahnen passt er. Man kann zudem die Räder einfach abnehmen (Klick-Verschluss).
      In der Bahn ist (stehend) eher die Höhe der Knackpunkt, man muss in jedem Fall die Deichsel abnehmen.

  2. Das sieht echt klasse aus. Ich müsste auch noch einen Klapp-Barhocker da drauf schnallen, da ich nur im Sitzen spiele. Bin nicht so der Handwerker, aber da gäb es doch sicher auch noch eine Lösung?!
    Was würde so ein Trailer denn kosten?
    Bassige Grüße
    Sabine

  3. Hi Jonas,
    gute Idee! 🙂

    Schon mal überlegt, ob es auch möglich wäre, denn Bass vorne mit dem Hals über dem Gepäckträger zu haben? So dass die Gesamtlänge des Trailers kleiner wird?

    beste Grüße, David

    1. Natürlich habe ich das überlegt. Technisch ist das ohne weiteres umsetzbar, man benötigt dazu lediglich eine andere Deichsel und eine anderes Kupplungsmodell am Sattelrohr.
      Aber so ein Trailer fährt sich viel besser, wenn er am Hinterrad befestigt wird und der Schwerpunkt nicht so weit oben ist. Denn beim Bremsen schiebt er nicht so nach vorne (was auch beim Anfahren angenehmer ist), und in Kurven ist der niedrigere Schwerpunkt des Trailers auch hilfreich. Ein anderer Hänger, den ich gelegentlich benutze und der am Sattelrohr befestigt wird, ist mir schon mehrfach „aus der Kurve“ geflogen.

      Die Länge ist auch nicht so ein Problem, finde ich. Das Deichselrohr ließe sich problemlos noch um 30 cm verkürzen – ich habe das einfach nur noch nicht gemacht. Da es ohnehin abgenommen wird, wenn ich mit dem Trailer in den Zug einsteige oder der Trailer zu Hause (aufrecht) steht, ist das nicht so dringend – bei weiteren Expemplaren, die ich Anfrage gerne liefere, wäre das aber „ab Werk“ der Fall.

  4. Wir haben das seit längerem mit einem „selbst“ umgebauten Kinder Fahrradanhänger gelöst. Ein Gestell aus Metallrohren mit Polstern ermöglicht den KB aufrecht hinein zu stellen und dann zu sichern. Ist stabil und wird nicht übersehen . Länge wie „ normales“Anhängergespann.

  5. Hey Jonas!

    Das sieht echt toll aus. Aber dadurch, dass der Bass so tief liegt, könnte er von Autofahrern schnell übersehen werden. Hundeanhänger haben dafür einen Wimpel befestigt. Vielleicht wäre das noch eine weitere Überlegung?

    LG,

    Fred

    1. Ich glaube eigentlich nicht, dass man den so leicht übersehen kann, aber klar – Autofahrer kriegen auch das hin.
      Ich habe das Glück, das meine Stammstrecke überwiegend autoarm ist (Feldweg, T30-Zone). Aber gerade für Nachtfahrten werde ich sicherlich noch Reflektoren auf dem schwarzen Case und den Radspeichen ergänzen (zusätzlich zum vorgeschriebenen Rücklicht).

  6. wow, Jonas, das ist ja eine super durchdachte Konstruktion, bin begeistert!!
    wäre es zu viel verlangt noch ein paar Fotos der praktischen Handhabung z.b. in Zügen, Bahnhof, …unterwegs zu posten?

    danke „bässte“ Grüsse Karoline

  7. Fantastisch! Das will ich haben!

    Ich bin seit langer Zeit auf der Suche nach einer Lösung, aber man kommt natürlich um einen Selbstbau nicht herum. Beim nächsten Telefonat spreche ich dich mal drauf an …

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