Es gab mal eine Zeit, da waren Musik-Cassetten der Stand der Technik, um Musik zu vervielfältigen. Wir tauschten uns damals die Neuzugänge im Plattenregal auf Cassette aus, so wie ich heute Links zu MP3-Soundclips verschicke, wenn ich etwas für hörenswert halte und meine Begeisterung teilen möchte. Eine dieser Cassetten, die ich damals vor fast zwanzig Jahren (seufz) aufgenommen und geschenkt bekam, hat bis heute im Handschuhfach meines Autos überlebt: Heinrich Heine Lyrik und Jazz; mit Gert Westphal als Sprecher und Attila Zoller (git), Emil Mangelsdorff (fl), Klaus Weiss (dr) und Peter Trunk (b).
Zunächst war ich – Purist, der ich nunmal bin – sehr skeptisch: der Sprecher stört doch bestimmt nur, hätten Mangelsdorff und Zoller die Platte nicht auch ohne Sprecher-Firlefanz aufnehmen können? Aber wider Erwarten hat mich diese Aufnahme dann doch sofort in ihren Bann gezogen: Gert Westphal fügt sich mit seiner Art, die Heine-Texte vorzutragen, einfach phantastisch in die Band um Attila Zoller ein, und sorgt sogar für eine ganz eigene Dynamik – besser kann man das wohl kaum machen.
Erwähnenswert ist auch die Mitwirkung Peter Trunks (*1936, †1973). Er galt zu Lebzeiten als einer der besten Jazz-Bassisten in Europa, ist aber heute zu Unrecht in Vergessenheit geraten. In Martin Kunzlers ja sonst sehr ergiebigen rororo-Jazz-Lexikon fehlt sein Name, aber immerhin hat ein Fan inzwischen für einen Wikipedia-Eintrag gesorgt. Peter Trunk spielte bereits in den 1950ern mit amerikanischen Stars wie Stan Getz, Zoot Sims und Kenny Clarke. In den 1960er Jahren war er Hausbassist im Berliner “Blue Note”, und spielte regelmäßig mit Albert Mangelsdorff, Klaus Doldinger und Kurt Edelhagen. Neben Kontrabass spielte er auch E-Bass und Cello. Trunk war mit der amerikanischen Sängerin Stella Banks verheiratet, und starb 1973 bei einem Autounfall in New York.
Der ungarisch-amerikanische Gitarrist Attila Zoller sagte 1964 über ihn: “Er ist so gut wie die besten Bassisten, die es heute in Amerika gibt.”
Aus der Sicht des Jazzautors Joachim-Ernst Berendt war Peter Trunk “der beste Bassist des deutschen Jazz. Das blieb er sein Leben lang.”
Von dem Pianisten, Publizisten und Musikredakteuer Michael Naura wird er sogar für einen der größten Bassisten aller Zeiten gehalten: “Die großen Bassisten – ich denke da an Jimmy Blanton, Ray Brown, Scott LaFaro und Peter Trunk – waren und sind in erster Linie weniger Solisten, als integrierende Figuren, die Gefühle der Geborgenheit vermitteln.” (zitiert nach Wikipedia)
Heinrich Heine Lyrik und Jazz ist vor einigen Wochen als CD neu aufgelegt worden.
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