Dass sich auf dem Markt für gebrauchte Instrumente auch Verkäufer tummeln, die nicht immer ganz redlich agieren, ist hinlänglich bekannt. Zwar kann man auf dem Gebrauchtmarkt durchaus auch Schnäppchen machen – aber man sollte sich mit Kontrabässen etwas auskennen. Unerfahrene Käufer sind schnelle Beute von solchen zwielichtigen Händlern.
Kürzlich kam eine Kundin mit einem alten Sperrholzbass zu mir. Auf den ersten Blick sah das alles ganz passabel aus: ein rund 50 Jahre alter Sperrholzbass aus Ostblock-Produktion zu einem Preis, der eigentlich marktüblich ist – auch wenn Griffbrett und Garnitur anders als vom Verkäufer angegeben nicht aus Ebenholz sind. Als Saiten waren uralte Darmsaiten aufgezogen … ein erster Blick ließen also neue Saiten sowie einen neuen Steg und einen neuen Stachel ratsam erscheinen, um ihn wieder spielbar zu machen. Damit summierten sich die Gesamtkosten dann aber auch schon zu einen Preis im vierstelligen Bereich, zu dem man auch einen neuen Sperrholzbass in tip-top Zustand bekommt … die Kundin begann ins Grübeln zu kommen.
Ein Blick in den Korpus offenbarte einen ungewöhnlich großen, rosafarben Zettel: „Baß- und Cellofabrikation – Markneukirchen, Sa. 1965“. Das passte zwar sachlich zur Erscheinung des Basses – aber JPEG-Artefakte um die Buchstaben? 1965 gab es noch keine Scanner und Laserdrucker, und in der damaligen DDR erst recht nicht. So plump die Fälschung drucktechnisch daher kommt, so sorgfältig wurde anderseits versucht, das Bild stimmig abzurunden: an den Rändern des Zettels wurden Farbkleckse angebracht, die sich auf dem Holz fortsetzen – ganz so, als hätte der Zettel da schon geklebt, als der Bass mit dem Pinsel lackiert wurde und dabei etwas Farbe versehentlich durch die ƒ-Löcher tropfte. Nur wurde er gar nicht auf diese Weise lackiert, sondern mit der Spritzpistole und in einem rötlichen Farbton, der mit den Farbklecksen rein nichts zu tun hat.
Wer sich so viel Mühe macht, dem Bass ein einen anderen Anschein zu geben, hat meistens etwas zu verbergen. Ein Blick mit dem Spiegel ins Innere brachte Gewissheit: der Bassbalken ist auf halber Länge nicht mehr mit der Decke verleimt und stand 2 cm ab. Wir machten den Bass auf, und es kam noch schlimmer: der Bassbalken war auch mit viel Kraft nicht dazu zu überreden, wieder in Kontakt mit der Decke zu treten – so verzogen war diese inzwischen schon. Einfach Zwinge drauf und trotz alledem neu verleimen ist hier nicht ratsam: die dem innewohnende Spannung würde die Schichten der Sperrholzdecke wohl recht bald auseinander ziehen. Ein wirtschaftlicher Totalschaden.
Für die Kundin ging die Geschichte dennoch gut aus: ihr nächster Gang führte sie geradewegs zur Polizei, wo sie Anzeige gegen den Verkäufer erstatte. Der lenkte nach nach anfänglichen Zögern in eine Rückabwicklung ein – aus Sorge um „seinen guten Namen“, wie er sagte (wie sich später herausstellen sollte, war aber auch sein Name falsch). Er bestand außerdem darauf, den Bass in wieder zugeleimten Zustand zurückzunehmen, so dass davon auszugehen ist, dass er nicht weiter repariert werden soll und bald ein weiterer Käufer auf diesem Schrotthaufen hereinfallen wird …
Gut, dass die Kundin dagegen vorgegangen ist – ist der Betrüger echt mit einer Rückabwicklung davongekommen? Ich finde leider öfters auf Kleinanzeigen-Plattformen solche Angebote, die aussehen wie echte Schnäppchen. Oft vermute ich, dass es den Bass nicht mal gibt, sondern nur das Nummernkonto, auf das der Kunde bitte überweisen soll. Seid skeptisch und meldet solche Anzeigen dem Betreiber der Plattform! Hab ich auch schon öfters gemacht.