Jazz ist ohne Jamsessions eigentlich undenkbar. Außenstehenden Laien und Nichtmusikern mag es schier unglaublich erscheinen, dass es dabei den Musikern, die sich vielleicht noch nie zuvor begegnet sind und u. U. noch nicht einmal die selbe Sprache sprechen, gelingt, zusammen Musik aufzuführen. Das ganze auch noch ungeprobt … ein Wunder!
Tatsächlich ist der Weg dorthin auch sehr lang und sehr steinig. Wichtigste Grundvoraussetzung ist natürlich eine gewisse Qualifikation der einzelnen Musiker. Neben den musikalischen Vermögen ist aber auch eine hohe soziale Kompetenz erforderlich, denn neben den unterschiedlichen persönlichen Motivationen gibt es noch die unterschiedlichsten instrumentenspezifischen Eigenheiten zu beachten. Bill Anschell hat dazu auf All about Jazz eine anschauliche Glosse veröffentlicht, die Außenstehenden einen ganz guten Einblick ins Innenleben einer Jamsession verschafft, und Alten Hasen Anregungen zur Selbstreflektion gibt: Jazz Jam Sessions: A First-Timer’s Guide.
Eine besondere Herausforderung für die Sessiongemeinde sind unerfahrene Musiker. Aber für den Jamsession-Neuling ist es eigentlich die noch viel größere Herausforderung – deswegen habe ich hier aus der Perspektive des Bassisten ein paar Punkte zusammentragen, die den geneigtem Nachwuchs den Gang auf die Jamsession-Bühne etwas erleichtern sollen.
- Mache zuerst Deine Hausaufgaben, und zwar Zuhause.
Bevor Du die auf eine Session begibst, solltest Du das grundlegende Handwerkszeug Deines Instruments und des Jazz beherrschen. Mute Deinen Mitmusikern und dem Publikum nicht zu, Dir beim Üben zuzuhören. Was Dir zuhause zur Play-Along-CD nicht gelingt, wird wahrscheinlich auf der Bühne auch nicht klappen. - Halte Ausschau nach dem Session-Leiter.
Den gibt’s nicht überall, aber wo es ihn gibt, solltest Du ihn nicht übergehen. Besprich mit ihm, wann Du einsteigst und welche Stücke Du spielen möchtest. Auf manchen Sessions gibt es sogar eine Liste, auf der Du Dich und Deine Stücke eintragen kannst. - Finde zu einer gesunden Selbsteinschätzung.
Ok, das ist wirklich leichter gesagt als getan. Halte Dich etwas zurück, wenn das Niveau der Session zu weit über Deinem liegt, denn eine Spaßbremse zu sein frustriert Dich und vor allem auch die Mitmusiker. Beobachte den Ablauf der Session: meistens steigen die erfahreneren Musiker erst später ein, und überlassen den Anfängern die ersten Stücke. Komme früh, und steige aus, wenn es Zeit ist. Irgendwann wirst auch Du alles mitspielen können und dürfen. - Lerne Stücke.
Bevor Du Dich auf die Bühne begibst, solltest Du wissen, welche Stücke Du spielen möchtest, und welche Du auch spielen kannst. Sei darauf vorbereitet, dass Deine Vorschläge nicht angenommen werden, und mache Dir zuvor Gedanken über Alternativen.
Frage als Solist (Bläser, Gitarrist, Sänger) besser nicht den Bassisten oder den Schlagzeuger, welches Stück sie spielen möchten – es ist primär die Aufgabe der Solisten, die Themen zu spielen und vorzuschlagen; eine gute Rhythmusgruppe spielt eigentlich alles. Aber keine Themen. - Eine typische Session-Nummer hat eine bestimmte Abfolge: meistens spielen zuerst die Bläser oder der Gitarrist ihre Soli, dann Piano, Bass und ggfs. Schlagzeug. Versuche nie, in einer Nummer mehr als ein Solo zu spielen. Achte darauf, ob auch der Bassist und der Drummer solieren möchten (Blickkontakt aufnehmen!). Vergiss aber dennoch nicht, im richtigen Moment mit dem Schlussthema einzusetzen, um den letzten Solisten nicht verhungern zu lassen (wiederum Blickkontakt aufnehmen!).
- Unterhalte Dich nicht während des Bass-Solos.
Auch das Bass-Solo gehört zum Stück, irgendwie. Ich habe es schon erlebt, dass eine Flötistin mir während des Bass-Solos das Realbook vom Notenständer weggenommen hat, um nach der nächsten Nummer zu blättern. Zu ihrem großen Glück kannte ich die Nummer auch so … - Lasse Dich nicht durch Misserfolge entmutigen.
Niemand kommt als fertiger Jazzmusiker auf die Welt. Und auch wenn der Umgang manchmal etwas rau sein mag: wirklich nachtragend sind die meisten Musiker nicht. Ein verhauener Chorus ist noch kein Grund, sich nie mehr blicken zu lassen. Es sei denn, Du hast Punkt 6 nicht beachtet.
Fotos von unserer Frankfurter Jazzkeller-Session gibt’s auf Picasa.
Na wenn ich schon den Stein für diesen Artikel ins rollen gebracht habe will ich mal Danke sagen im Namen aller die schon immer mal wissen wollten wie man als Neuer in einer Jazz Jam Session debütiert.. Jetzt fehlen nur noch ein paar Kommentare und Erfahrungen von Neulingen die das schon hinter sich gebracht haben… Ich bin gespannt.