In der Musikschule, wo mein Sohn Klavierunterricht bekommt, wurde ich durch einen Aushang auf eine Möglichkeit aufmerksam, den Zivildienst zumindest halbwegs sinnvoll zu gestalten: „Musik im Zivildienst“! Eine Gruppe von 6 bis 8 Musikern hat dort die Möglichkeit, 9 Monate Zwangsarbeit in einem Münchner Seniorenwohnheim abzuleisten. An den Vormittagen steht herkömmlicher Zivi-Dienst an (Wickeln, Füttern, Spazierengehen etc.), an den Nachmittagen jedoch sind die Zivis für Proben und Veranstaltungen in sozialen Einrichtungen freigestellt. Auf dem Programm stehen z. B. Programme mit Moderation zu einem bestimmten Thema („Frühling in Wien“), Unterhaltungsmusik (Salonmusik, Oldies, Evergreens, Musicalmelodien), Leichte Klassik, Kammermusik, Sing- und Spielkreise. Zu besetzen sind die Instrumente Violine, Viola, Violoncello, Kontrabass, Oboe, Klarinette, Saxophon, Fagott, Trompete, Posaune, Gesang/Moderation, Klavier, Akkordeon, Gitarre. Zweit-Instrument von Vorteil, aber nicht Voraussetzung. Interessenten können eine schriftliche Bewerbung an den Verein Soziale Betreuung durch Musik e.V., Heß-Str. 22, 80799 München schicken. (Für die diesjährigen Vorspiele im März ist die Bewerbungsfrist allerdings bereits gestern abgelaufen.)
Interessant ist in diesem Zusammenhang, wie selbstverständlich sich auch hier wieder über die gesetzliche Vorgabe hinweg gesetzt wird, dass Zivildienst arbeitsmarktneutral zu sein hat. Ich kenne Musiker, die hin und wieder für Jobs in Altenheimen gebucht werden. Aber der Pflegedienst im Altersheim/Krankenhaus oder andere Formen des Zivildienstes sind ja in den seltensten Fällen arbeitsmarktneutral. Im Gegensatz zum Problem der Wehr(un)gerechtigkeit spielt das ja auch eine eher untergeordnete Rolle. Das die Wehrpflicht noch immer nicht abgeschafft wurde, obwohl nur noch ein Bruchteil eines Jahrgangs eingezogen wird, ist mir völlig unbegreiflich. Das es nur noch neun Monate sind und nicht mehr 20 wie zu meiner Zeit ist da nur ein schwacher Trost.
Ach, ist ja interessant, dass es das noch gibt. Da hab ich damals auch vorgespielt. War leider zu schlecht (die Aufnahmekriterien sind ziemlich hart). Wobei ich auch einen mehrfachen Jugend-Musiziert-Preisträger kenne, den sie abgelehnt haben.
Zivijobs in Altenheimen (auch wenn sie nur halbtags sind) kann ich generell nicht empfehlen, da macht man wirklich eine halbe bis ganze Pflegerschicht auf eigene Verantwortung (zumindest war es so bei allen damaligen Zivikollegen, die sowas gemacht haben, vielleicht gibt es ja auch lobenswerte Ausnahmen). Das das mit der Arbeitsmarktneutralität nicht weit her ist, wird auch niemand ernsthaft leugnen, schließlich würde unser Pflegesystem in Deutschland ohne Zivis zusammenbrechen, was vielleicht auch ein Grund ist, wieso die Wehrpflicht nach wie vor aufrechterhalten wird trotz der immensen Verwaltungskosten (Einzug, Musterung, Bezahlung, Stellenverwaltung…).